7. September
Durch den Atlas nach Süden. In den ersten fünf Stunden bis Er Rachidia durchqueren wir den Atlas, wobei die Landschaft immer trockener und heißer wird. Die Besiedlung wird dünner, oft sieht man nun die Zelte der Nomadenlager. Die Häuser in den kleineren Siedlungen, die wir passieren, werden einfacher – flache Lehmkuben mit kleinem Fenster und niedriger Tür.
Schließlich erreichen wir Er Rachidia, am südlichen Rand des Gebirges – unser eigentliches Ziel für diesen Tag. Am Busbahnhof fängt uns aber sogleich ein Mann ab, der uns anbietet für 25 Dirham die Taxifahrt und das letzte Stück 4WD zu organisieren, wenn die Nacht im Hotel seines Onkels – auf dem Dach ebenfalls für 25 Dirham - verbringen. Natürlich sind wir bei dem Angebot misstrauisch, aber da die wichtigsten Preise erstmal auf dem Tisch liegen, schlagen wir ein. Selbst hätten wir bei den örtlichen Taxifahrern nie einen solchen Preis ausgehandelt – für immerhin 125 Kilometer, 14 davon über unwegsame Piste durch die Wüste.
Touristenfalle. Später lesen wir, dass die 14 Kilometer Piste heute nicht mehr nötig sind, da die befestigte Straße bis Merzouga durchgehend fertig gestellt ist. Ein anderes Paar Reisender schlägt daher auch das Angebot aus, befürchtet es doch, hier in eine Falle zu laufen. Tatsächlich kommen wir nie direkt in Merzouga an, unser Hotel liegt einige Kilometer außerhalb. Trotzdem können wir zufrieden sein: Die Taxifahrt nur über befestigte Straße ins echte Merzouga ist für Europäer meist teuerer als 25 Dirham, unser Hotel liegt direkt an den berühmten Sanddünen und schließlich sind unsere gastgebenden Araber so unaufmerksam, dass sich an der improvisierten Rechnung am Schluss noch viel verhandeln lässt.
Das andere Paar landet am Ende übrigens doch im gleichen Hotel wie wir, hat für die Fahrt dorthin am Ende sogar mehr gezahlt als wir.
In einem alten Taxi mit 6 Passagieren brettern wir aus Er Rachidia in Richtung Süden durch die Wüste. Die Szenerie ist beeindruckend: Flache Ebene, gerade Straße, wir in einem mit bunten Bäumeln geschmückten Mercedes mit arabischer Musik auf der Überholspur.
Ziz-Tal. Plötzlich tut sich aus dem Nichts ein großes Tal, ein Einschnitt in der wüsten Ebene auf. Dort fließt ein Fluss, versteckt zwischen einem Meer aus grünen Palmen. Es ist das Ziz-Tal, das hier so paradiesisch aussieht. Entlang des Flusses, der sich später in der Wüste verliert sind Palmengärten angelegt, an den Hängen am Rande des Tales befinden sich einige kleinere Siedlungen.
Dann geht es weiter durch die Wüste, durch Erfoud bis nach Rissani. In Rissani werden wir freundlich empfangen, ein Händler und offensichtlich Freund jenes Onkels in unserem Hotel lädt uns ein, bei ihm zu warten bis unser Anschluss mit dem 4WD-Bus ankommt.
In der Wüste. Wieder Wüste, etwas weiter im Süden biegen wir von der Straße ab und fahren über eine Piste weiter, die in dem dunklen Wüstenboden nur schlecht zu erkennen ist. Als wir nichts als Wüste weit und breit mehr sehen, hält der Wagen an und lässt uns auf dem Dach weiterfahren – Ein toller Ausblick und ein schmerzhaftes Gefühl am Hintern.
Schließlich erblicken wir in der Ferne riesige Sanddünen: Erg Chebbi. Der grandiose Ausblick macht sprachlos. Größe und Entfernung lassen sich aufgrund der feinen Sandkörner, der Ebenmäßigkeit der Form und der Unwirklichkeit der Szenerie kaum abschätzen. Aber wohl nicht weiter als ein paar hundert Meter von den ersten Dünen entfernt erreichen wir unsere Herberge. Es ist, eingefasst in eine Lehmmauer, ein nach traditioneller Art gebautes Lehmhaus. Im Innenhof stehen ein paar Landrover, ansonsten befindet sich hinter dem Gebäude ein kleiner Oasengarten und direkt daneben lagert eine Gruppe Dromedare.
Herberge. Das Hotel heißt „LaHamada“ und liegt etwas abgelegen von den anderen Herbergen entlang des Erg Chebbi. Die Männer (und Frauen) im Haus tragen alle typische Gewänder und Turbane.
Wie immer richten wir unser Lager auf dem Dach ein. Von dort aus haben wir einen fantastischen Blick auf die Dünen, einige Monaden, die in der Umgebung kampieren und etwa einen halben Kilometer weiter, eine Gruppe von Häusern – ein weiteres Hotel.
Als wir ankommen ist gerade das abendliche Dämmerlicht angebrochen. Wir sind hier an einem der schönsten Orte, an denen ich je war. Die Sanddünen glühen in der untergehenden Sonne in einem warmen Rot. Die wenigen Wolken am Himmel färben sich ebenfalls orange und rot.
Die Hotelangestellten. Wir verbringen den Abend mit einigen Hotelangestellten und können erstmals unseren in Chefchaouen erworbenen Wortschatz anwenden. Verklemmt scheinen Araber jedenfalls nicht zu sein. Auf ihr überholtes Menschenbild stoßen wir allerdings, als sie nicht begreifen können, wie einer der anderen Gäste auf sein Kind aufpassen kann, während seine Frau auf einem Trek durch die Sanddünen ist. Die Araber erklären uns, die Frau sei für sie eine Blume, die sie vor Arbeit schützen wollen. Ausgenommen sind lediglich sämtliche häuslichen Pflichten, für die kein Araber einen Finger rühren würde. All das meinen unsere Gesprächspartner so ernst, dass ihnen überhaupt nicht in den Sinn kommt, wie lächerlich ihre Worte für uns klingen.
Misstrauen hatten wir schon, als uns dieses sehr günstige Angebot in Er Rachidia gemacht wurde: 25 Dirham für die Taxifahrt, genauso viel für die Übernachtung – da musste uns noch etwas erwarten. Bevor wir am Abend ins Bett gehen, ahnen wir bereits, was der Haken an diesem paradiesischen Ort zu sein scheint. Andere Hotelgäste berichten, dass die Preise für Kamel-Treks hier zu hoch sind. Wir wollen abwarten und versuchen, vielleicht am Ende doch einen ordentlichen Preis zu erzielen. Der nächste Tag soll aber erstmal zur Ruhe dienen.
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