10. September, Merzouga,
Nach dem Frühstück verlassen wir das Lager und laufen erstmals auf die riesigen Sanddünen zu. Die Wüste außen herum heißt „schwarze Wüste“, ist fast vollkommen flach und besteht aus kleinen Steinen und Felsbrocken. In ihrer Mitte liegt der Erg. Entfernungen lassen sich bei diesem ungewohnten Anblick zunächst schwer abschätzen, doch ganz plötzlich stehen wir am Fuße der ersten Düne. Der Sand ist total fein, doch als wir einen ersten Fuß auf sie setzen, fühlt sie sich zunächst etwas fester an als erwartet. Wir stellen fest, dass die Dünen an verschiedenen Stellen unterschiedlich fest sind. Ein ständiger Wind formt diesen Sand und der Kamm der Dünen ist exakt, als wäre er mit dem Lineal gezogen. An vielen Hängen entsteht ein Rillenmuster. Verändert man die Dünen – etwa durch Fußtritte – bringt der Wind in kurzer Zeit wieder die alte, unversehrte Form zustande.
Die Sandwüste. Der Sand ist, je nach Einstrahlung der Sonne, verschiedentlich heiß. An einigen Stellen kann man problemlos barfuß gehen, anderswo ist der Sand sogar für die Hand zu heiß.
Die Lufttemperatur ist allerdings fast immer zu ertragen – nur trinken muss man ständig.
Wir besteigen die Dünen, was mitunter recht mühsam ist. Da wir die einzigen Besucher zu sein scheinen, sehen die Dünen heute ganz jungfräulich, gleichwie Neuschnee aus.
Das Farbenspiel der Sandwüste ist prächtig. Zu allen Tageszeiten verändert sich die Farbe des Sandes mit dem Stand der Sonne. Von gold über gelb, allen orange-Tönen bis hin zu rot und fast lila. Den Kontrast bietet ein fast immer blauer Himmel mit gelegentlichen hohen Cirren oder anderen kleinen Wölkchen.
Wir sind begeistert von diesem Ort, der atemberaubende Anblick macht übermütig. Wir rennen Dünen herauf und herunter, versuchen Worte und Botschaften in den Sand zu schreiben und erklimmen den Kamm der höchsten Düne. Der Ausblick von dort auf eine endlose Dünenlandschaft verschlägt einem die Sprache und macht den beschwerlichen Aufstieg mehr als wett.
Kamele! Als wir wieder absteigen erblicken wir in einiger Entfernung tatsächlich eine Karawane mit einigen Dromedaren (hier sagt jeder Kamel dazu).
Martin ist sofort hellauf begeistert und rennt los. Ich bleibe, weil ich noch so erschöpft bin zunächst zurück und verliere in gleich hinter einer Düne aus den Augen. Einen Moment lang scheine ich in der weiten Wüste vollkommen allein zu sein. Wenn der Wind kurz ruht ist es vollkommen still – es ist tatsächlich rein gar nichts zu hören.
Als ich Martins Spuren folgen will, stelle ich fest, dass sie an einigen Stellen schnell verwischen. Eine Minute habe ich das unbestimmte Gefühl, in der Wüste verloren zu gehen. Als ich aus der Mulde aber wieder herauskomme sehe ich ihn auf einer entfernten Düne stehen und winken.
Als ich bei ihm ankomme sehe ich, was ihn so begeistert: Versteckt zwischen Dünen liegt ein Rastplatz für die Kamele. Gerade ist ein Zug von etwa 15 Tieren eingetroffen. Ein alter Berber steht bei den Tieren am Brunnen. Wir tasten uns langsam an die Herde heran und als uns der Mann erblickt grüßen wir ergebenst. Dieser winkt uns sofort herbei und begrüßt uns freundlich. Respektvoll nähern wir uns den riesenhaft wirkenden Tieren.
Dromedare gehören zu den schönsten – und coolsten Tieren, die ich je gesehen habe. Ihre Haltung und ihr Blick, auch die Art wie sie kauen, gibt ihnen eine sehr coole, lässige Aura. Während wir uns mit dem Berber unterhalten schlappt eines der Tiere herbei, schaut uns kurz an und beginnt dann ungerührt zu trinken. Der alte Mann erklärt, dass die Tiere nur alle zwei Tage trinken und maximal mehr als 100 Liter fassen.
Zusammen mit der Herde und ihm machen wir uns wieder auf, den Erg zu verlassen. Unterwegs versuchen wir herauszufinden, was er für einen angemessenen Preis für einen Ausflug auf den Kamelen ansieht. Für ihn ist die Vorstellung schwierig, dass man so viel Geld besitzen könnte. "Beaucoup beaucoup" ist sein Tipp. In den Sand malt er eine Zahl. 500 Dirham. Es ist Zeit für die Mittagsruhe in unserem Hotel.