14. September. Marrakesch
Nachdem wir am Abend in Ouarzazate unseren Geschäftspartner, Hassan, wiedergetroffen und mit ihm Fußball geschaut hatten, startete am nächsten Tag unser Bus nach Marrakesch.
Die Route führt über den Atlas, Straßen entlang immenser Abgründe ohne Leitplanken und doppeltem Boden. Um uns herum bricht das große Kotzen aus, in einem kleinen Dorf macht der Bus daher für einige Zeit Rast.
Gewöhnungsprobleme. Marrakesch ist für uns ein zweischneidiges Schwert. Nach Wochen ohne viele Touristen, in der Abgeschiedenheit der ländlichen Gegend reagieren wir erst allergisch auf die vergleichsweise vielen Touristen in Marrakesch. Die ersten Einträge in mein Tagebuch sind daher eher enttäuscht. Aber nach und nach öffnet sich uns diese Stadt und am Ende wird sie zu einem unbedingten Favoriten auf unserer Reise. Man darf eben nur nicht zur falschen Zeit unterwegs sind, dann wenn normale Araber schlafen und nur die wenigen Touristen das Geschäft in den Souqs am laufen halten. Wahr ist, dass Fes in vieler Hinsicht noch ursprünglicher und geheimnisvoller ist, als das bilderbuchhafte Marrakesch.
Marrakesch ist endlich mal wieder eine große Stadt – unser Hotel Aday für 30 DH auf der Terrasse sehr angenehm.
Trotzdem ist Marrakesch zunächst eine Enttäuschung. Die Souqs hinter Djemma el Fna sind lange nicht so fremdartig und beeindruckend, wie das Getriebe in den Gassen von Fes. Dafür wimmelt es von Touristen und die aufdringlichen Verkäufer kotzen einen nur an.
Schlangenbeschwörer. Schließlich setzen wir uns an den Rand des zentralen Platzes Djemma el Fna und essen eine Kleinigkeit. Sicher: Die Schlangenbeschwörer sind beeindruckend und schon nach wenigen Minuten hier habe ich meine erste Schlange geküsst, aber sobald man sich hier nur irgendwem nähert, verlangt derjenige Geld.
Plötzlich entdecken wir in der Menge David, unseren Reisegefährten aus Merzouga. Mit ihm zusammen verbringen wir den frühen Abend auf dem Dach seines Hotels – zufällig in direkter Nachbarschaft zu dem Dach unseres Hotels. Er erzählt uns von seiner Reise und von seinem Leben in Spanien, dass er gegen ein Berufsleben in Großbritannien eingetauscht hat. Er arbeitet nun als Englisch-Lehrer in Spanien und geht viel auf Reisen.
Djemma el Fna. Als wir bei Dunkelheit zurückkehren auf Djemma el Fna, hat sich der Platz total verändert. Unter tausend Glühbirnen haben sich Essensstände eingerichtet. Tausende Menschen sitzen dort und verputzen hunderte verschiedener kleiner Schälchen mit vielfältigem, verlockendem Essen. Vielfalt! Verlockung! – Im Zusammenhang mit Essen haben wir diese Worte auf unserer Reise noch selten brauchen können.
Weiter in Richtung Place Foucault sitzen Wunderheiler, Clowns und Wahrsager. Wir entdecken auch eine Art Mathe-Fakir und beobachten einen echten Boxkampf, bei dem die begeisterte Menge gerne für den Gewinner spendet.
Die Stadt beginnt uns nun doch sehr zu gefallen und so begeben wir uns mittenrein ins Getriebe.
15. September, Marrakesch.
Es ist tatsächlich so, dass wir auf unserer Reise viele Aussteigertypen kennen lernen – dieser hier, ist jedoch besonders hartnäckig. Die Diskussion dauert den ganzen Tag, Martin lässt sich gerne hinreisen, seinem Gegenüber leidenschaftlich die Meinung zu geigen. Nachdem die Situation am Mittag zu kippen droht, als der Berliner die Fassung verliert, und mit Schimpfwörtern um sich schmeißt, wird er gegen Abend doch schließlich etwas mürbe und gemeinsam beenden wir gegen sechs die Auseinandersetzung und gehen zusammen essen.
Der interessanteste Souq, den wir an diesem Abend gesehen haben , waren die Metallarbeiter, die mitten in den engen Gässchen hämmern und schweißen – geschützt nur durch eine lässige Sonnenbrille. Auch sehr gut haben uns die orientalischen Holzmöbel gefallen, aber während wir uns von all dem nichts leisten wollten, gönnten wir uns an einem Süßwarenstand herrlich schmeckende Nuss-, Mandel- und Pistazienbarren.